EU-Kommission legt Kriterien für hormonell wirksame Chemikalien vor und erntet Kritik

Mit mehr als zweijähriger Verzögerung hat die EU Kommission Mitte Juni Kriterien vorgelegt, mit deren Hilfe sich endokrine Disruptoren – also Substanzen, die das Hormonsystem beim Menschen stören – eindeutig identifizieren lassen. An Hand dieser Kriterien sollen Verantwortliche künftig entscheiden, ob ein Wirkstoff nach der
Biozid- und Pflanzenschutzmittelverordnung zugelassen wird oder nicht.

Die EU Kommission hat die Definition der WHO übernommen. Demnach sind endokrine Disruptoren von außen zugeführte Stoffe oder Gemische, die die Funktion des Hormonsystems verändern und dadurch gesundheitlich schädliche Wirkungen in einem intakten Organismus, bei den Nachkommen oder in (Teil-)Populationen verursachen.

Die Verantwortlichen der EU Kommission plädieren außerdem dafür, dass lediglich diejenigen Substanzen als endokrine Disruptoren einzustufen sind, deren gesundheitsgefährdende Wirkung tatsächlich eindeutig beim Menschen nachgewiesen ist. Dieses Kriterium erfüllen allerdings bislang nur wenige Substanzen. Bei den meisten anderen Stoffen ist eine schädigende Wirkung bislang nur in Tierversuchen nachgewiesen. Die Krux: Entsprechende Studien beim Menschen dauern viele Jahre.

Die Umweltminister Frankreichs, Schwedens und Dänemarks kritisieren in einem gemeinsamen Brief an die EU Kommission diese enge Definition, die in ihren Augen das Vorsorgeprinzip verletzt und Umwelt und Menschen nicht ausreichend schützt. Des Weiteren bemängeln sie, dass die Kriterien keine zufriedenstellende Basis sind für eine rechtliche Umsetzung in der Biozid-Verordnung (EG) Nr. 528/2012 sowie in der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009, die das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln regelt. Auch manche deutsche Politiker halten die Kriterien für nicht ausreichend und befürchten, dass sich der Kriterienkatalog nicht nur auf die Biozid- und Pestizidverordnung auswirkt, sondern auch auf andere Rechtsbereiche wie Kinderspielzeug und Kosmetika.

Auch Vertreter der chemischen Industrie zeigten sich vom Vorschlag der EU Kommission wenig begeistert. Der Verband der Chemischen Industrie bemängelte vor allem, dass er nicht die Wirkstärke eines Stoffes berücksichtigt. Eine Aussage, ab welcher Konzentration oder Dosierung eine schädliche Wirkung eintritt, sei auf diese Wiese nicht möglich. Außerdem könne nicht zwischen hormonell aktiven Stoffen, die sicher verwendet werden können, und solchen, die schon bei niedrigen Mengen oder Dosierungen eine schädliche Wirkung haben, unterschieden werden.

Lesen Sie unter anderem in unserem Blogbeitrag EU veröffentlicht Roadmap zu endokrinen Disruptoren, welche Stoffe zu den endokrinen Disruptoren zählen.

Handeln Sie mit Pflanzenschutzmitteln und/oder Bioziden? Dann wenden Sie sich bei Fragen gerne an uns unter biocides@kft.de.

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